Innovation und Governance über Grenzen? : Perspektiven eines grenzüberschreitenden regionalen Innovationssystems ; das Beispiel der roten Biotechnologie in der Euregio Maas-Rhein ; Bd. 1 - 3
- Innovation across borders? : perspective of a cross border regional innovation system ; the case of red biotechnology in the Euregio Meuse-Rhine
Trienes, Marco; Fromhold-Eisebith, Martina (Thesis advisor)
Aachen : Publikationsserver der TWTH Aachen University (2013, 2014)
Doktorarbeit
Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 2013
Kurzfassung
Erkenntnisse aus dem New Regionalism weisen darauf hin, dass für eine zukunftsfähige Regionalentwicklung eine Innovationsorientierung zunehmend wichtiger wird. Regionen, in denen sich Innovationsprozesse räumlich konzentrieren, zeichnen sich durch intensive interne wie externe Interaktionsprozesse aus. Parallel ablaufende Globalisierungs- und Regionalisierungsprozesse korrespondieren, so dass die im Innovationsprozess involvierten Organisationen räumliche Skalen übergreifend regional, national und global vernetzt sind. Auch politisch haben Regionen durch Regionalisierungs- und Dezentralisierungsprozesse an Bedeutsamkeit gewonnen. Die Region ist somit zur Handlungsebene geworden, die im Zusammenspiel mit übergeordneten Instanzen des Mehrebenensystems eine innovationsorientierte Regionalpolitik gestaltet. Die regionale Governance als gering institutionalisierter Steuerungs- und Koordinationsmodus vernetzt die Akteure in horizontaler wie vertikaler Perspektive und ist Sinnbild für den gestiegenen Grad der regionalen Selbststeuerung. Im Rahmen der europäischen Integration erlangen dabei Grenzregionen durch ihre gestiegene Anzahl und Bedeutung als Relais der Territorialentwicklung zunehmend an Aufmerksamkeit. Sie symbolisieren den europäischen Gedanken der grenzüberschreitenden Vernetzung, sehen sich aber vor besonderen Herausforderungen. Durch die wachsende grenzüberschreitende Interaktion werden zwischenstaatliche Systemunterschiede augenscheinlich und erschweren als open border effect weitere Integrationsabsichten. Die Einbindung in ein nationalstaatlich verankertes System wie auch multiskalige Innovationssysteme führen gerade in Grenzregionen zu einer ausgeprägten externen Einflussnahme. Durch die horizontale wie vertikale Vernetzung, den Möglichkeiten der Selbststeuerung wie externen Einflussnahme und die teilräumlichen wie integrierten Entwicklungspotentiale, weisen sie eine hohe Komplexität auf. Als eklektisches Konzept integriert das regionale Innovationssystem diese Veränderungen des ökonomischen wie politischen Systems und konzipiert die Region als Arena für Innovationsprozesse und deren Governance aus ökonomischer, sozio-institutioneller und politischer Perspektive. Regionale Innovationssysteme bestehen aus einer Innovationsarchitektur, d. h. den am Prozess der Wissensgenerierung, -diffusion und -verwertung interagierenden wissenschaftlichen Institutionen, Unternehmen und unterstützenden Einrichtungen. Die Interaktion ist in ein sozio-institutionelles Umfeld eingebettet und erzeugt nicht kodifiziertes Wissen. Kontext und Inhalt werden somit zu regional spezifischen und gebundenen Werten. Welche Potentiale und Barrieren bestehen vor diesem Hintergrund für die Etablierung eines grenzüberschreitenden regionalen Innovationssystems? Die Proximity-Forschung bietet dazu einen analytischen Rahmen, um die geographischen, funktionalen und relationalen Nähen resp. Distanzen grenzüberschreitend zu analysieren. Nähe entspricht dabei einem Grad an Kongruenz und wird mit großen grenzüberschreitenden Entwicklungspotentialen assoziiert. Die relationale Distanz zeigt sich an kognitiven, institutionellen, sozialen, kulturellen und organisatorischen Merkmalen, welche als Kontextfaktoren Einfluss auf die interorganisatorischen Innovationsprozesse und grenzüberschreitenden Wissensflüsse nehmen. Relationale Distanz erschwert die grenzüberschreitende Integration und trägt zur räumlichen Fragmentierung bei. Die grenzüberschreitende regionale Governance kann durch die Formulierung zielgerichteter regional- und innovationspolitischer Strategien und Maßnahmen ein wichtiges Instrument sein, die grenzüberschreitenden Barrieren abzubauen. Neben der horizontalen Netzwerkbildung ermöglicht sie auch die vertikale Koordination im nationalen und supranationalen Mehrebenensystem. Sie trägt dazu bei, die defizitäre politisch-administrative Verankerung und Repräsentation der Grenzregion zu kompensieren. Für das Fallbeispiel der roten Biotechnologie in der Grenzregion Euregio Maas-Rhein konnten in den Teilräumen funktional und technologisch ähnliche Ausprägungen und Entwicklungen identifiziert werden. Auch hinsichtlich der geographischen Nähe bestehen die räumlich strukturellen Voraussetzungen für eine symmetrische Integration und die Generierung von Wissensexternalitäten. Impulsgebend für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit waren in der Vergangenheit Interreg-Projekte der EU-Regionalpolitik. Darüber hinaus ist es aber nicht zum Aufbau oder zur Verstetigung grenzüberschreitender regionaler Governancestrukturen und -prozesse gekommen. Es zeigt sich ein Dualismus aus geographischer, funktionaler und technologischer Nähe einerseits und relationaler Distanz sowie grenzüberschreitender Steuerungsdefizite andererseits.
Identifikationsnummern
- URN: urn:nbn:de:hbz:82-opus-50995
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-CONV-145198